Wattenmeer-Seehunde bekommen mehr Junge denn je
Die Gesamtpopulation der Seehunde im Wattenmeer bleibt mit 25.000 bis 27.000 Tieren seit 2012 stabil. Für Seehundwelpen ist 2018 wieder ein Rekordjahr: mit 9.285 wurden in diesem Jahr die meisten Jungtiere seit Beginn der Seehund-Zählungen gezählt. Diese Ergebnisse gehen aus dem Bericht „Flugzählungen von Seehunden im Wattenmeer 2018“ hervor, herausgegeben von der Trilateralen Seehundexpertengruppe (Trilateral Seal Expert Group - TSEG) im Rahmen der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit. Die Gruppe koordiniert die jährlichen Seehundzählungen, die das gesamte Wattenmeer von Dänemark über Deutschland bis in die Niederlande umfassen.
„Wir sind sehr zufrieden mit dem was wir beobachten, nämlich einen stabilen und vitalen Seehundbestand“, sagt Sascha Klöpper, stellvertretender Exekutivsekretär des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats (Common Wadden Sea Secretariat; CWSS). „In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Seehundpopulation durch menschliche Aktivitäten, die unter anderem zum Verlust von Lebensraum führten, und Ausbrüche der Seehundstaupe 1988 und 2002 stark beeinträchtigt. Im Rahmen des trilateralen Seehundmanagements wurden Schutzmaßnahmen propagiert und entwickelt, die den Lebensraum Wattenmeer für Seehunde auch in Zukunft erhalten sollen.“
Um sowohl einen Überblick über ausgewachsene als auch über neugeborene Seehunde zu erhalten, unternimmt die TSEG ihre trilateralen Zählungen während zwei definierten Zeiträumen im Jahr: Der Gesamtbestand wird während der Fellwechselphase und den damit verbundenen häufigeren Landaufenthalten der Tiere gezählt; Neugeborene während der Wurfphase. Während des Fellwechsels im August 2018 wurden in Dänemark 2.675 Tiere (-10% im Vergleich zu 2017) und 8.058 in Niedersachsen und Hamburg (+10% im Vergleich zu 2017) registriert. Diese Trends könnten verschiedene Ursachen haben: uneinheitliches Datum der Zählungen aufgrund von Umwelt- oder Wetterbedingungen, variierende Anzahl von Seehunden während des Fellwechsels oder eine räumliche Verschiebung der Seehunde im Wattenmeergebiet. Aufgrund von Militärübungen wurde ein Gebiet in den Niederlanden nicht für Zählungen freigegeben. Daher konnte hier mit 6.774 Tieren nur ein Teil des Bestandes gezählt werden. In Schleswig-Holstein verhinderten Wetterbedingungen die Zählung an den vereinbarten Tagen. Unter Bezugnahme auf die im Vorjahr durchgeführten Zählungen in Schleswig-Holstein (8.834) und dem gesperrten niederländischen Teilgebiet (1.151) wurde eine Population von 27.492 Tieren geschätzt. Da nicht alle Tiere zur gleichen Zeit an Land sind, rechnen die Experten diese Zahl mit einem korrigierenden Faktor auf einen Gesamtbestand von 40.000 Seehunden im Wattenmeer für das Jahr 2018 hoch.
In der Wurfperiode im Juni 2018 wurde mit 9.285 Neugeborenen der höchste Welpenbestand seit Beginn der trilateralen Erfassung gezählt. Bei regionaler Betrachtung, wurde mit 4.576 Welpen in Schleswig-Holstein ein Anstieg von 15% verzeichnet. In Dänemark wurden 560 Jungtiere registriert (-23% im Vergleich zu 2017). In Niedersachsen und Hamburg blieben die Zahlen mit 2.158, und einem Rückgang von 2%, im Vergleich zu 2017 stabil. In den Niederlanden konnte wie bei der Zählung der ausgewachsenen Tiere kein Flug in dem vom Militär genutzten Bereich des Wattenmeers durchgeführt werden. Im restlichen Gebiet wurden 1.991 Welpen erfasst. Auch mit Ausschluss des betroffenen Gebiets wurden 2018 mehr Jungtiere im gesamten Wattenmeer gezählt als im Jahr zuvor (9.167). Die Experten gehen davon aus, dass der tatsächliche Anstieg sogar noch größer gewesen sein wird.
Der Anstieg der Geburten ist ein gegenläufiger Trend verglichen mit dem stagnierenden Gesamtbestand. Richard Czeck von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und Vorsitzender der TSEG schließt daraus, dass „weitere Untersuchungen der Zählungsdaten der kommenden Jahre nötig sind, um die Bestandentwicklung besser erklären und vorhersagen zu können. Die koordinierten Zählungen über die drei Länder sind von zentraler Bedeutung für das Verständnis dieser Dynamik.“
Seehunde sind, wie auch Kegelrobben, äußerst prominente Raubtierarten in der Region. Im Rahmen der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit koordiniert die trilaterale Seehundexpertengruppe (TSEG) die Zählungen jeweils in einem engen Zeitfenster und harmonisiert die resultierenden Ergebnisse aus allen Teilen des Wattenmeers. Seehunde stehen im Wattenmeer unter besonderem Schutz und werden kontinuierlich, im Rahmen des Wattenmeer-Seehundabkommens (Agreement on the Conservation of Seals in the Wadden Sea; WSSA) unter der Schirmherrschaft des UN-Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden Tierarten (CMS), überwacht. Das CWSS fungiert zugleich als Sekretariat zur Begleitung dieses Abkommens.